„Der Essay ist so zu schreiben, wie wir denken, sprechen, für uns schreiben oder im Zusammenhang frei reden, Briefe schreiben - über einen sittlichen Gegenstand, aus reinem Interesse daran, nicht philosophisch und nicht poetisch", notiert Friedrich Schlegel 1798. Immer wieder wurde reflektierendes, essayistisches Schreiben als angebliche Unform zwischen Literatur und Philosophie kritisiert. Gleichwohl hat die Essayistik auch im deutschsprachigen Raum eine lange Tradition. Begründet in der literarischen und öffentlichen Kommunikation des 18. und 19. Jahrhunderts, wandelt der Essay im Lauf der Zeit immer wieder seine Form und wechselt das Medium. Im 20. Jahrhundert wird der Hörfunk sein Revier, und in unserer Gegenwart finden sich essayistische, kulturkritische Texte auf zahllosen Plattformen im Netz. Im Seminar wollen wir der langen Geschichte des Essays in gattungshistorischer und medienwissenschaftlicher Perspektive nachgehen. Im Zentrum steht dabei die Frage nach der Stabilität und Variabilität essayistischer Schreibweisen von der Zeitschriften- bis in die Internetkultur. Lesen werden wir also nicht nur klassisch gewordene Essays von Autorinnen und Autoren wie Michel de Montaigne, Georg Christoph Lichtenberg, Johann Gottfried Herder, Heinrich Heine, Thomas Mann, Theodor W. Adorno, Susan Sontag und Karl Heinz Bohrer. Gemeinsam werden wir uns auch auf die Suche nach essayistischen Schreibweisen in nicht mehr ganz so neuen, neuen und allerneuesten Medien machen.