Die Frage nach dem Verhältnis von Computerspiel und Literatur lässt sich auf vielfältige Art und Weise explizieren: Wie werden Computerspiele in literarischen Texten auf Ebene der histoire verhandelt und vice versa? Welche spezifischen Erzählverfahren oder Stilelemente aus Computerspielen werden für die Textproduktion interessant? Welche Computerspielgenres und literarische Gattungen sind in der Verknüpfung beider Bereiche besonders produktiv? Wie lassen sich spezifische diegetische Welten vergleichen und welche Formen von ‚Worldbuilding‘ gibt es?

Ist der Gaming-Bereich inzwischen der bei weitem umsatzstärkste Zweig der Unterhaltungsindustrie und ist der Konsum von Computerspielen längst nicht mehr derart stigmatisiert wie vor wenigen Jahrzehnten, so ist doch ebenfalls zu beobachten, dass die deutschsprachige Gegenwartsliteratur sich lange Zeit schwer damit getan hat, Gaming auf Inhalts- oder Formebene zu verhandeln. Erst in den letzten Jahren sind Texte erschienen, die von der Literaturkritik positiv bewertet werden und für die Computerspiele konstitutiv sind: Machte Juan S. Guses Roman Miami Punk 2019 noch am meisten von sich reden, so sind es gerade eine Vielzahl unterschiedlichster Texte, in denen Computerspiele sujethaft werden (etwa Lisa Krusche: „Für bestimmte Welten kämpfen und gegen andere“ oder Lynn Takeo Musiol: „Sims 3. Oder: Ich bin die Summer der Projektionen meiner Benutzer*in“).

Glitches und Bugs, NPCs und Avatare, environmental storytelling und prozessual generierte Level… Das Seminar setzt sich zum Ziel, ein Verständnis solcher und ähnlicher Begrifflichkeiten für unsere Beschäftigung mit ausgewählten Texten, in denen Computerspiele verhandelt werden, fruchtbar zu machen.