Die Entwicklung des Kirchenbaus vom Historismus hin zur Moderne im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts war geprägt von einem Nebeneinander verschiedener Stil- und Raumauffassungen. Nur zögerlich lösten sich die Architekten von den als traditionell christlich anerkannten Formen und näherten sich der Bauaufgabe Kirche mit modernen Entwürfen. Der Durchbruch erfolgte vor dem Hintergrund eines sich durch Reformbestrebungen von Theologen und Laien verändernden Verständnisses von Liturgie, Kirche und Religion sowie eines gestärkten Selbstbewusstseins im Umgang mit modernen Baustoffen und Konstruktionen. Am Beginn der 1920er Jahre wurden die ersten Kirchengebäude errichtet, die gestalterisch, funktional und materiell als zukunftsweisend gelten können: Vor allem christozentrisches Gedankengut führte zur Berücksichtigung der klar strukturierten monumentalen Architektur des Frühchristentums – einer Assoziation mit der Epoche der Romanik, die sich etwa in Wandpfeilerkirchen und der Betonung des Rundbogens manifestierte. Es entstanden klar überschaubare Kirchen mit blockhaften Grundformen, geschlossenen Mauerflächen, wenigen gliedernden Einzelformen und monumentalen Schauseiten, die bis in die 1930er Jahre – also auch „noch unter der Herrschaft des vorgeblich religionsfeindlichen Nationalsozialismus” (Holger Brülls) – errichtet wurden, stilbildend blieben und in der Ausdruckskraft ihrer äußeren Gestalt immer weiter gesteigert wurden.

Das Seminar verfolgt den Wandel der Auffassungen im evangelischen und katholischen Kirchenbau bis in die Nachkriegszeit im Kontext der theoretischen Diskussionen um konvenable Bautypen sowie der stilistischen und typologischen Tendenzen. Behandelt werden herausragende Kirchenbauten und Architekten wie Theodor Fischer und Otto Bartning.