Die vielzitierte Feststellung des Historikers Reinhart Koselleck, die Krise sei zur "strukturellen Signatur der Neuzeit" geworden (1982), scheint über 40 Jahre später aktueller denn je. Die heute allgegenwärtige und viele Diskurse entscheidend prägende Krise steht im Fokus des Seminars. Aus literaturwissenschaftlicher Perspektive stellen wir uns der Herausforderung, den vielschichtigen und undurchsichtigen Krisenbegriff genauer zu fassen und das Verständnis dafür zu schärfen, welche Erzählungen und Erzählstrategien hinter diesem eigentlich stehen. Dazu nehmen wir als Erzähldomäne, in der die Krise eine besonders bedeutende Rolle spielt, journalistisches Erzählen in den Blick.
Ziel ist es, anhand konkreter Beispiele aus aktuellen Krisendiskursen Eigenheiten medialer Krisenerzählungen herauszuarbeiten und so auch diskursübergreifende Krisennarrative zu ermitteln. Die theoretische Diskussion seminarleitender Konzepte wie Krise, Narrativ und Diskurs wird von der Entwicklung und Bearbeitung eigener Seminarprojekte forschungspraktisch begleitet. Dabei können Analyseansätze und -werkzeug kennengelernt und ausprobiert werden, die hermeneutische Textarbeit digital stützen und diese auch für die Untersuchung größerer Textsammlungen ermöglichen.