Die Literatur der Romantik gilt in vielen Darstellungen als rückwärtsgewandt: auf die Herausforderungen der Industrialisierung, Urbanisierung und allgemeinen Modernisierung reagiert die Romantik, so will es dieses Klischee, mit der Hinwendung zum Mittelalter, zum deutschen Wald und zur blauen Blume. Ein näherer Blick auf die Texte von Autoren wie August Wilhelm Schlegel, Ludwig Tieck oder auch dem Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling aber zeigt, dass sich die Romantik auf Augenhöhe mit ihrer eigenen Gegenwart gesehen und mit ihr auseinandergesetzt hat; ein tiefes Bewusstsein der zahllosen Krisen ‚um 1800‘ setzt eine Fülle von Überlegungen zu Gegenwart und Geschichte frei. Im Mittelpunkt steht für die Romantiker die Frage nach einer zeitgemäßen, gegenwartsfähigen Literatur und Kunst. Hinzu kommt ein weiteres: bis hinein in unsere Gegenwart wird immer wieder auf die Romantik als literarisches Modell und kulturelle Orientierung zurückgegriffen. Im Seminar werden wir diesen doppelten Gedanken verfolgen und uns die zahllosen Gegenwarten der Romantik vor Augen führen. Der verpflichtend zugehörige Lektürekurs vertieft die Auseinandersetzungen mit den Texten und Konzepten.