Das Verhältnis von Literatur und Arbeit ist immer wieder Gegenstand kritischer Auseinandersetzung. So scheint es – vor allem im Blick auf kanonisierte Texte – als befänden sich viele der (zumeist männlichen) Protagonisten valorisierter Romane wie Hans Castorp in einer Art permanent vacation: Die Nicht-Thematisierung von z.B. Lohn- oder Care-Arbeit bietet Freiraum für ausschweifende Überlegungen philosophisch-weltanschaulicher oder poetologisch-reflexiver Art. Diesem Eindruck stehen immer wieder erneuerte ästhetische Maximen über den Wert der Darstellung von (zumeist körperlicher) Arbeit entgegen, wie sie Gustav Freytag im Kontext programmatischer Realismus-Debatten des 19. Jahrhunderts formuliert: „Wer uns schildern will, muß uns aufsuchen in unserer Arbeitsstube, in unserem Comptoir, unserem Feld, nicht nur in unserer Familie.” In dieses Spannungsfeld tritt gerade auch in jüngster Vergangenheit ein verstärktes Interesse für die Arbeit an und in literarischen Texten und Verwertungszusammenhängen. So schreibt etwa Özlem Özgul Dündar im Sammelband Brotjobs & Literatur: „Das problem ist nicht, dass man keine jobs findet, um sich über wasser zu halten. Das problem sind auch nicht die jobs selbst. Das problem ist: Man kann nicht vollzeit in diesen jobs arbeiten, wenn man noch zeit zum schreiben haben will.” Unter welchen Bedingungen findet also die Arbeit an Literatur statt?

Für diese und weitere Fragen soll im Seminar der Blick geschärft werden. Dazu werden neben dem Roman und Novellen auch Dramen und Gedichte zum Gegenstand der Betrachtung.

Die Textanalyse-Seminare im „Modul 5: Text und Theorie” bzw. „Aufbaumodul I, Neuere deutsche Literatur” vertiefen und erweitern die in Modul 2 bzw. im Basismodul erworbenen Grundkenntnisse. Ausgehend von dem spezifischen thematischen Fokus Literatur und Arbeit steht die Auseinandersetzung mit literarischen Verfahren in Gedichten, Dramen und erzählender Prosa im Vordergrund des Seminars.