In seinem berühmten Essay „Über dem See. Bayern” (1946) ging der prominente ukrainische Linguist und Kulturkritiker Jurij Serech-Sevel’ov den Ursachen sowohl der großen europäischen Katastrophe – dem gerade beendeten Zweiten Weltkrieg als auch dem speziellen Schicksal der Ukraine zwischen Ost und West, zwischen Russland und Europa nach. Ausgehend von einem berühmten Volkslied, das das dramatische Schicksal der ukrainischen Bevölkerung an der Einfallsroute diverser Eroberer thematisiert, bemühte sich Sevel’ov um eine Aufwertung der prekären der Lage seiner Heimat – „als Möwe am Wegesrand” – an der Schnittstelle der Kulturen und Zivilisationen. In Anlehnung an diese Metapher werden wir eine Reise durch die ukrainische Kulturgeschichte unternehmen und ihre wichtigsten Etappen kennenlernen. Dabei sollen wir Sevel’ovs positive Vision prüfen, unterschiedliche kulturelle Faktoren der ukrainischen Geschichte identifizieren und nach Geheimnissen kultureller Dynamik der ukrainischen Kultur suchen.