Die rasante Globalisierung, Migrations- und Flüchtlingsbewegungen durch Klimawandel oder Kriege machen Begegnung und Umgang mit dem Anderen und Fremden zu einer zentralen Erfahrung der Gegenwart. Obwohl die Alterität und Fremdheit schon lange Gegenstand intensiver philosophischer und künstlerischer Reflexion waren, fehlte besonders in der Slawistik eine systematische Auseinandersetzung mit dem Thema, und das obwohl Osteuropa schon immer eine kulturelle Transit- und Kontaktzone zwischen Ost und West, Nord und Süd darstellte und osteuropäische Kulturen eindrückliche Zeugnisse über ihren Kontakt mit dem Fremden hinterließen. Zugleich bildeten sich infolge der Globalisierungsprozesse des 20. und 21. Jahrhunderts große osteuropäische – polnische, ukrainische, tschechische – Diasporas im Westen heraus, die die Grenzen zwischen dem Eigenen und Fremden noch fluider und komplexer machten.  

In unserem Seminar werden wir die wichtigsten Ansätze der Alteritätsforschung kennenlernen. Dabei wird die aktuelle Theoriedebatte mit einer breiten Palette kultureller Phänomene aus Osteuropa kombiniert und veranschaulicht. Von Reiseberichten des Sentimentalismus (Nikolaj Karamzin), Positivismus (Henryk Sienkiewicz) oder Postmoderne (Jurij Andruchovyc und Eduard Limonov), über Rock-n-Roll oder Hip-Hop – die osteuropäischen Kulturen bieten nicht nur eindrückliche Zeugnisse interkultureller Begegnung, Übersetzung und Vermischung, sondern sind reich an eigener Theorieentwicklung (Michail Bachtin, Emmanuel Levinas, Jurij Lotman, Zygmunt Bauman, Julia Kristeva). Ihre Kenntnis gehört zur Grundorientierung in einer zunehmend komplexen und plurizentrischen globalen Welt.

 

Teilnahmevoraussetzungen: Referat und regelmäßige Teilnahme; Kenntnisse osteuropäischer Sprachen sind nicht erforderlich.

 

Weiterführende Literatur:

Wird im Seminar bekannt gegeben.