Berichten von der Front als dem Ort des eigentlichen Kriegsgeschehens
kommt seit jeher eine entscheidende Bedeutung für die zeitgenössische
Wahrnehmung und Deutung eines Krieges zu. Nicht weniger eng ist die
politische und gesellschaftliche (De-)Legitimation kriegerischer
Konflikte mit Erzählungen von Augenzeugen verbunden. Historiker:innen
ziehen solche Erzählungen heran, um zu verstehen, was Krieg für Menschen
vergangener Generationen bedeutet hat. Und sie greifen auf Fotografien
als Teil solcher Erzählungen zurück, jedenfalls für die modernen Kriege
seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Inwieweit und mit welchem
Deutungsanspruch Fotografien eingesetzt wurden, um Kriegsgeschehnisse zu
veranschaulichen, wollen wir im Proseminar am Beispiel verschiedener
Kriege diskutieren, die für die internationale politische und moralische
Ordnung des 20. Jahrhunderts zentral waren. Darüber hinaus soll dem
Quellenwert der Fotografie besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Einerseits verleihen fotografische Abbildungen dem Augenblick, den sie
festhalten, ein Höchstmaß an Wahrhaftigkeit. Zugleich bestimmen die
jeweiligen kulturellen und politischen Rahmungen die Lesbarkeit und den
dokumentarischen Wert des technischen Bildes als historische Quelle. Wie
wir mit diesem Widerspruch als Historiker:innen umgehen können und
inwieweit gerade darin Potential für unsere Erzählung liegt, wollen wir
im Verlauf des Semesters diskutieren.
- Dozent/in: Anke Beyersdorf
- Dozent/in: Frederik Kenneth Homa
- Dozent/in: Annelie Ramsbrock