Kaum eine antike Dramenfigur hat die Vorstellungskraft späterer Generationen so intensiv beschäftigt wie die Antigone des Sophokles. In der deutschsprachigen Literaturgeschichte haben selbst Übersetzungen und Bearbeitungen, etwa von Friedrich Hölderlin und Bertolt Brecht, einen besonderen Platz. Oft wird dem Stück und seiner Hauptfigur ein prototypischer Status zugeschrieben – als Inbegriff der klassischen Tragödie und als tragische Figur schlechthin.
Bis in die Gegenwart dient Antigone als Ausgangspunkt für grundlegende Diskussionen über das Verhältnis von Staat und Individuum sowie über ethische Fragen zum Konflikt zwischen selbstbestimmtem Handeln und bestehenden Herrschaftsstrukturen. So analysiert Judith Butler in Antigone’s Claim (dt. Antigones Verlangen) Antigones Widerstand aus einer zeitgenössischen Perspektive.
Im Seminar werden wir verschiedene Versionen der Antigone lesen und diskutieren – sowohl Sophokles‘ Tragödie als auch spätere Interpretationen und Bearbeitungen. Dabei eröffnet sich ein diachroner Blick auf das Drama und die vielfältigen Fragestellungen, die seine Rezeption bis heute begleiten.
- Dozent/in: Sebastian Haselbeck