Technik ist in der Gegenwart allgegenwärtig: Sie erleichtert den Alltag, prägt soziale und kulturelle Praktiken und Werte – und formt damit in entscheidender Weise auch die Literatur. Doch welche Bedeutung hatte Technik im Mittelalter? Spielt sie in der Literatur jener Zeit eine wichtige Rolle – und wenn ja, welche? 

Im Seminar Technikimaginationen und -reflexionen in der Literatur des Mittelalters (4 SWS) fragen wir danach, wie Technik in vormodernen Texten zur Sprache kommt. Ein eigener Technikdiskurs war dem Mittelalter zwar fremd, doch in bestimmten diskursiven Feldern lässt sich eine Auseinandersetzung mit Technik erkennen – besonders in der literarischen Darstellung von Automaten.

Nach einer Einführung zur Frage, was ‚Technik‘ im Mittelalter bedeuten kann, wenden wir uns der kulturgeschichtlichen Signifikanz von Automaten zu und untersuchen ihre vielfältigen literarischen Inszenierungen. Wir lesen Beispiele aus der erzählenden Literatur, insbesondere aus dem höfischen Roman, die höchst unterschiedlich funktionalisiert sind und nicht selten mit Motiven des mittelalterlichen Orientalismus verknüpft werden. Im Mittelpunkt stehen etwa die Beschreibung von Camillas Grab im Eneasroman, die Automaten der Königin Candacis, Szenen aus Flore und Blanscheflur, das Wunderbett im Parzival, die Automaten im Wigalois sowie die Darstellung des Gralstempels im Jüngeren Titurel. Wir fragen dabei nach der Art und Weise, wie technische Objekte und Prozesse literarisch gestaltet und reflektiert werden, und welche kulturellen, religiösen und ästhetischen Bedeutungen sich damit verbinden.

Das Seminar besteht aus einer wöchentlichen Seminarsitzung (2 SWS) sowie einem Lektürekurs (2 SWS). Es ist zudem thematisch mit der Vortragsreihe des Mittelalterzentrums Technik und Innovation im Mittelalter verknüpft, an der wir in Teilen teilnehmen werden. Regelmäßige Anwesenheit und aktive Mitarbeit werden erwartet.