Einen Protagonisten in die Welt zu schicken, der Künstler werden will, hat in der Literatur eine längere Tradition. Der „Malerdichter und Dichtermaler“ (Sukyoung Jin) Gottfried Keller entwirft im Roman Der grüne Heinrich (1854/55) nicht nur eine Figur, die als Spiegel seiner selbst schreibt und malt, sondern lässt zudem ekphrastisch eine Federzeichnung entstehen, die als fiktiver Vorläufer abstrakter Ausdrucksformen gelten kann. Anfang des 20. Jahrhunderts wendet sich eine künstlerische Avantgarde tatsächlich vom Etablierten ab, um zu einer neuen Ästhetik vorzustoßen. Elementare Voraussetzung ist die enge Verbindung der Künste. Das Seminar spürt dieser Entwicklung nach, indem neben Auszügen aus Kellers Roman auch avantgardistische Zeitschriften in den Blick genommen werden. Es besteht die Möglichkeit, im Wolfgang-Koeppen-Archiv des Instituts für Deutsche Philologie originale Ausgaben, die zur privaten Bibliothek des Schriftstellers Wolfgang Koeppen gehören, genauer zu untersuchen. Auch in der Gegenwartsliteratur gehen die Künste produktive Beziehungen ein. Exemplarisch soll anhand von Rafael Horzons DAS WEISSE BUCH (2010) und Madame Nielsens Das Monster (2020) die Verbindung von Literatur und Kunst sowohl formalästhetisch als auch erzählerisch charakterisiert werden. Von Interesse ist dabei die Frage, wie künstlerische Konzepte der Moderne und Postmoderne abgebildet werden.
- Dozent/in: Andrea Werner