Der Kontraktualismus gilt als eine der bedeutendsten normativen politischen Theorien. Er basiert auf der gegenseitigen, vertraglichen Zustimmung der Mitglieder eines Gemeinwesens. Dabei treten die Individuen aus einem Naturzustand heraus und bilden ein gemeinsames Staatswesen. Doch schon wenn es darum geht, zu bestimmen, was der Naturzustand (logisch oder historisch) sein soll, oder wozu es einen solchen Staatsvertrag braucht, besteht seit der Aufklärung ein grundlegender Dissens zwischen Vertragstheoretikern. Was genau fällt also unter das Konzept Kontraktualismus? Welche Menschenbilder und politische Ideologien sind damit verbunden?

Dieses Lektüreseminar soll sich mit einer dieser Strömung des Kontraktualismus befassen, um sich diesen Fragen anzunähern. Gemeint sind die politisch-philosophischen Ansätze, deren Ziel es ist, durch den freiwilligen Zusammenschluss, den Individuen bürgerliche Rechte und Freiheiten zu verleihen, damit (individuelle oder kollektive) Autonomie verwirklicht werden kann. Dies umfasst häufig nicht nur gleiche negative Schutzrechte, sondern auch die positive Freiheit zur Partizipation am Gemeinwesen. Dieser Kontraktualismus ist dabei häufig an das Konzept des Republikanismus gekoppelt. In diesem philosophiegeschichtlichen Hauptseminar sollen also kontraktualistische Denker behandelt werden, deren Schwerpunkt auf einer (mehr oder weniger) egalitären politischen Freiheit liegt und für die der Naturzustand weniger eine rechtlose Gefahr, sondern vielmehr die juridische Basis des Vertrages darstellt. Die Rede ist von Philosophen wie Jean-Jacques Rousseau, Immanuel Kant, Joseph Emmanuel Sieyès, John Rawls und T. M. Scanlon. Ziel des Moduls ist es, einen Überblick über kontraktualistische Konzepte zu gewinnen, die verschiedenen Ansätze zu kontextualisieren, zu vergleichen und ihre Plausibilität zu prüfen, um sich der Frage anzunähern, ob und wenn ja, wie ein legitimes politisches Zusammenleben mit Vertragstheorien organisiert werden kann.

Hinweis: Als Ergänzung hierzu fungiert das Seminar „Souveränität und staatliche Selbsterhaltung im Kontraktualismus“.