Antifeminismus gibt es, seit es Feminismus gibt. Hedwig Dohm, die in ihren Schriften gegen die Vorstellung eines naturgegebenen Unterschiedes der Geschlechter anschreibt, legt bereits 1902 mit ihrem Essayband Die Antifeministen eine umfassende Analyse des antifeministischen Diskurses ihrer Zeit vor und stellt zentrale Bezugspunkte antifeministischer Argumentationen klar vor Augen: Natur(-wissenschaft), Tradition und Religion. Dass und inwiefern Antifeminismus und Antisemitismus miteinander verschränkt sind, ist auch Teil ihrer Analyse.
Anfeindungen gegen ›Gender‹ und Gender Studies, Gleichstellung und Feminismus haben in den letzten Jahren stark zugenommen, wobei nun wissenschaftliche Konzepte in den Fokus der Auseinandersetzungen gerückt sind. Antifeministische und genderfeindliche Argumentationen fungieren dabei als Scharnier und verbinden konservative, (rechts-)populistische und (extrem) rechte Positionen miteinander. Der Raum des Sagbaren erweitert sich, rechte Denkweisen werden in der Gesellschaft salonfähig. Auch aktuell verschränken sich antifeministische, sexistische, rassistische, antisemitische und antimuslimischen Argumentationen – oft unter Berufung auf vermeintlich traditionelle, konservative oder christliche Werte und eine binäre Geschlechterordnung.
Das Seminar will grundlegende binäre Kategorisierungen (Natur/Kultur, Weiblichkeit/Männlichkeit, Eigene/Fremde) in ihren jeweiligen historischen, politischen und diskursiven Zusammenhängen problematisieren und mit einer intersektional orientierten Analyse der rhetorischen Strategien verbinden. Neben Hedwig Dohm stehen u.a. Rosa Mayreder, Otto Weininger und Heinrich von Treitschke auf dem Plan. Am Beispiel der sehr kontrovers geführten Debatte um #MeToo und dem feministischen Bündnis #ausnahmslos wollen wir aktuelle feministische Diskurse in ihrer Komplexität und Ambivalenz in den Blick nehmen. Sowohl in der historischen als auch in der aktuellen Perspektivierung sollen Vorstellungen von Männlichkeit (›alte weiße Männer‹, ›toxische Männlichkeit‹) einbezogen werden.
- Dozent/in: Rebecca Kalisch