Der Republikanismus ist eine der ältesten politischen Philosophien und existiert seit der Antike. Schon deshalb stellt sich die historische Frage, wie diese Philosophie es geschafft hat, so lange zu bestehen – und welche Wandlungen das Konzept durchleben musste. Ausgehend von einem Gemeinwesen, das die Bürgerschaft (in einem gemeinsamen Interesse für ihre Politik) erschaffen will, fokussiert der Republikanismus oft kollektive Interessen, das Ideal der Gemeinschaftlichkeit, Bürgertugenden und positive Handlungsfreiheiten (zuweilen mit egalitär-partizipatorischen Ansprüchen), oft garniert mit einem Gemeinwohlideal. Besonders in der klassisch-politischen Philosophie gilt Rom als die Idealform einer Republik: als Mischverfassung, in der sich Bürgerklassen oder -stände in ihren Interessen gegenseitig ausgleichen können und so zur Befriedung der Gesellschaft beitragen. Mit der Überwindung der Feudalgesellschaft musste sich auch der Republikanismus anpassen und die Mischverfassung nach Ständen durch andere Modelle der Machtteilung ersetzen (oder dies ganz ignorieren, zugunsten des Gemeinschaftsideals). In der Neuzeit wird entweder länderspezifisch unterschieden zwischen einem italo-amerikanischen und französisch-deutschen Republikanismus, oder aber systematischer zwischen einem neorömischen und neoathenischen Republikanismus, je nachdem ob es eher um eine Rechtsherrschaft geht oder die Macht der Gemeinschaft. Und besonders die Diversität republikanischer Theorien in der Moderne legt noch eine Trennung nahe: die zwischen aristokratisch und demokratisch gefärbten Republikanismus.
Dieses Seminar will einen Überblick über die wandlungsstarke Geschichte des politischen Republikanismus geben, auf seine Argumente und Kernelemente (vor allem in Bezug auf die Felder Politik, Recht und Gesellschaft) eingehen. Gefragt werden soll etwa, was der Eigenwert eines Gemeinwesens und der kollektiven Autonomie sein soll, oder wie verschiedene Philosophien behaupten, unter das Banner des Republikanismus zu gehören und sich daher in der Moderne von der Konkurrenz (wie Sozialismus oder Liberalismus) teilweise oder ganz abgrenzen. Behandelt werden Denker, wie Polybios, Cicero, Machiavelli, Montesquieu, Rousseau, die Federalists, Arendt, Pettit, Walzer und Taylor.
- Dozent/in: Philip Dingeldey