Im Laufe des 21. Jahrhunderts wurde immer deutlicher, dass die bildgebenden Medien eine entscheidende Rolle in der Bewältigung des Alltags einnehmen werden. Die visuelle Wahrnehmung hat sich in der Mehrheitsgesellschaft behauptet. In manchen Feldern hat sogar das Bild gegenüber dem Text die Dominanz übernommen. Das wird insbesondere deutlich, wenn man jene Minderheiten betrachtet, die nicht in der Lage sind, optische Reize wahrzunehmen. Sehbehinderte leiden neben ihrer eingeschränkten Mobilität vor allem daran, dass sie die herkömmlichen Massenmedien nicht direkt konsumieren können. Es gibt Audiodeskription für das Fernsehen, Diktier-Applikationen für den Computer und Braille-Tastaturen, mit denen Nachrichten haptisch erfahrbar gemacht werden. Im Wesentlichen ist der moderne Mensch aber abhängig vom visuellen System in Raum, Zeit und Massenmedien.  

Entlang des Seminarthemas wird das Sehen als Grenzerfahrung, das sichtbare Feld, der blinde Fleck, die (alghorythmische) Gesichtserkennung, die Illusion und der Mythos des Unsichtbaren thematisiert und anhand von Beispielen erörtert. Wir sehen uns das Programm der Galerie Johann König an und lesen aus seiner autobiografie "Der blinde Galerist". Ebenso wird der Umgang mit dem dreidimensionalen Raum erprobt. Die Studierenden werden durch experimentelle Arbeitsweisen für die Grundlagen der Gestaltung und visuellen Wahrnehmung sensibilisiert. Neben gängigen visuellen Verfahren stehen verschiedene traditionelle und innovative mediale Techniken, Materialien und Arbeitsweisen wie Video, Fotografie, VR und AR sowie interdisziplinäre Medien im Fokus.