Vampirismus, Spukschlösser, mysteriöse Brieffunde, Intrigen und Doppelgänger … das sind einige der typischen Elemente der sogenannten „Gothic novels“ bzw. Schauerromane, die um 1800 den europäischen Literaturmarkt prägten. Romane wie Ann Radcliffes The Mysteries of Udolpho (1794) entführten die zeitgenössischen Leser*innen an exotische Orte, in eine abenteuerliche Vergangenheit und boten mit ihren Erzählungen von blutrünstigen und/oder übernatürlichen Ereignissen einen Nervenkitzel, der sie zu einem populären und gleichzeitig verpönten Genre machte.

Auch in Skandinavien wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts diese v.a. englisch- und deutschsprachigen Texte breit rezipiert, die dort ähnliche Erzählungen über das Unheimliche und Bedrohliche inspirierten. Narrative Strukturen und Motive, die einer „Gothic“-Ästhetik zugerechnet werden können, lassen sich jedoch bis heute in der skandinavischen Literatur wiederfinden. Autor*innen wie z.B. Emilie Flygare-Carlén, H.C. Andersen, Selma Lagerlöf, Karen Blixen oder John Ajvide Lindqvist knüpfen in ihren Texten an diese Tradition an und machen sie für den skandinavischen Kontext fruchtbar. Im Seminar werden wir einschlägige Texte der dänischen, norwegischen und schwedischen Literatur lesen und mit ihrer Hilfe Aspekte und Funktionen des „Nordic Gothic“ diskutieren.