Die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts werden in Tschechien gerne auch als „die Goldenen“ bezeichnet. Grund dafür ist die mit der Entstalinisierung einhergehende zunehmende Liberalisierung aller Lebensbereiche. In der Literatur bedeutet dies konkret, dass einerseits nun wieder die Möglichkeit bestand, an die zuvor als formalistisch denunzierte Textproduktion der historischen Avantgarde anzuknüpfen, und andererseits zeitgenössische Entwicklungen aus dem Westen (Theater des Absurden, Konkrete Poesie, Nouveau Roman) rezipiert werden konnten. Auf dieser Basis entstand in den 60er Jahren ein breites Spektrum an Texten, die nicht nur mit dem Dogma des Sozialistischen Realismus, sondern auch mit traditionellen Darstellungskonventionen generell brechen und deshalb als experimentell bezeichnet werden können. Im Seminar werden derartige Texte aus allen drei Grundgattungen (Lyrik, Epik, Dramatik) untersucht. Dabei wird nicht nur ihre je spezifische Weise der Bedeutungsgenese in den Blick genommen, sondern auch ihre Stellung im literaturhistorischen Kontext. Analysiert werden Texte u.a. von V. Havel, V. Linhartová, B. Hrabal, I. Vyskočil, M. Kundera u.a.