Thematik: Aus den Aussagen ‘es regnet’ und ‘wenn es regnet, dann ist die Straße nass’ darf man auf die Aussage ‘die Straße ist nass’ schließen. Aus der (von vielen geteilten) Aussage ‘mit jeder Handlung verfolgen wir wenigstens einen Zweck’ darf man nicht auf die Aussage ‘es gibt mindestens einen Zweck, den wir mit jeder Handlung verfolgen’ schließen. – Es gibt ein sehr prinzipielles Problem, das sich ungefähr so formulieren lässt: Aus welchen Aussagen dürfen wir auf welche Aussagen mit welcher ›Lizenz‹ schließen? Die Logik ist, um im Bild zu bleiben, die Wissenschaft von den Folgerungslizenzen. Die sichere Beherrschung dieser Folgerungslizenzen ist deshalb unerlässlich, weil das (meist durch ‘also’, ‘daher’, ‘deshalb’, ‘folglich’ signalisierte) Folgern in allen unseren Diskursen (Begründungen, Erklärungen, Beschreibungen, Was-wäre-wenn-Betrachtungen usf.) vorkommt: „discursus est quidam motus intellectus de uno in aliud“ (Thomas von Aquin). Folgern und Annehmen können als Teile prototypischer regelgeleiteter Sprachpraxis verstanden werden, die als Modell und Bezugspunkt für andere Arten des sprachlichen Vollzugs in Diskursen (Behaupten, Definieren, Postulieren, Vermuten, Bezweifeln, Konzedieren) dient. Die Philosophie konfrontiert in allen ihren Disziplinen mit Diskursverhältnissen, die in extremer Weise komplex, verwirrend und unüberschaubar sind. Deshalb müssen gerade Philosophen den diskursiven Vollzug, angefangen beim Folgerungsvollzug, beherrschen und verlässlich beurteilen können. Die Veranstaltung bietet dafür einen explizitsprachlichen Einstieg.

Hilfsmittel: Die Einteilung der gesamten Veranstaltung in Vorlesung und Proseminar hat äußerliche Gründe. Faktisch handelt es sich um eine Lehreinheit. Die Stoffvermittlung erfolgt skriptgestützt. Hinweise zum Skriptum und weiteren verwendeten Lehrmaterialien, sowie zur Begleitung der Veranstaltung durch ein Tutorium und zu weiterführender Literatur werden in der ersten Sitzung gegeben.

Einbettung: Die Veranstaltungen (VL und PS) bilden den ersten Teil der Logischen Propädeutik. Diese wird im Sommersemester mit Themen der Metalogik und der methodischen Begriffsbildung fortgesetzt, wobei sich die Teilnehmer mit weiteren Formen des diskursiven Vollzugs vertraut machen. Die Beherrschung des Stoffs aus dem Wintersemester ist unerlässliche Voraussetzung für die Veranstaltung im Sommersemester. Der Gesamtstoff wird nach dem Sommersemester in einer Klausur geprüft.