Spätestens seit Dominick LaCapras bahnbrechendem Buch („History and Memory After Ausschwitz”, 1998) und Marianne Hirsch’ Essay („The Generation of Postmemory”, 2008) gehören die Begriffe „Trauma” und „Postmemory” zu den produktivsten Kategorien der aktuellen kulturwissenschaftlichen Erinnerungsdebatte. Die vielversprechenden Vorstöße zur Aufarbeitung der Vergangenheit, die von Alexander Etkind (Gulag) oder Hryhorij Kas’janov (Holodomor) ausgingen, haben aber weder in Russland noch in der Ukraine eine kritische gesamtgesellschaftliche Debatte ausgelöst. Trotz der ungeheuren historischen Hypothek durch zwei totalitäre Regimes, Holocaust und Hungersnöte findet der Vergangenheitsdiskurs in diesen Ländern weniger in einer ausgewogenen Auseinandersetzung mit modernen Konzepten als in populären Medien wie Filmen und Belletristik statt. Im Seminar werden wir gemeinsam die wichtigsten intermedialen Beispiele der osteuropäischen Vergangenheitsdebatte(n) in Form von literarischen Texten, Filmen und Essays kennenlernen. Dabei stehen im Zentrum unserer Analyse die unterschiedlichen Weisen, wie die historischen Traumata verhandelt werden, und die jeweiligen nationalen Narrationen bis hin zum aktuellen Konflikt in der Ostukraine prägen.