Die Ontologie oder Allgemeine Metaphysik wird gewöhnlich als Wissenschaft von den allgemein(st)en Strukturen des Seienden oder auch des Seins charakterisiert. Sie geht zurück auf Aristoteles. Im Laufe der Philosophiegeschichte wurde sie zweimal auf spektakuläre Weise abgeschafft: durch die transzendentalphilosophische Kritik Kants und durch den linguistic turn der frühen analytischen Philosophie. Gegenwärtig zählt sie – auch und gerade in der analytischen Philosophie – zu den Wachstumsbranchen.

Zwei Hinweise sollen helfen ein erstes Verständnis für die Probleme der Ontologie zu erzeugen. (i) Was ist ein Rezept, z.B. das Rezept für Kaiserschmarren? Sind das die verschiedenen Niederschriften des Rezeptes oder die mündlichen Weitergaben? Oder handelt es sich um die Realisierungen des Rezeptes, also die konkreten Herstellungshandlungen oder deren Ergebnisse, also das, was gegessen werden kann? Schon die Frage, genauer die Wendung ‘die X-e des Rezepts‘, lässt ahnen, dass weder die schriftlichen oder mündlichen Artikulationen noch die vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Realisierung(handlung)en des Rezeptes oder deren Ergebnisse das Rezept selbst sein können. Die Klärung der Natur von Rezepten, die viele Ähnlichkeiten mit Musikstücken haben, ist eine typische Aufgabe der Ontologie. – (ii) Wir reden von Dingen, Eigenschaften bzw. Relationen, Sachverhalten und Tatsachen. Wir grenzen konkrete von abstrakten, singuläre von generellen Gegenständen, reale von fiktiven Gegenständen ab und unterscheiden Wirkliches von bloß Möglichem, Notwendiges von Kontingentem. Die zusammenhängende Explikation der soeben verwendeten Redeteile stellt eine weitere zentrale Aufgabe der Ontologie dar.

Die Vorlesung umfasst zwei Teile: Der erste und kürzere dient der allgemeinen historischen und sachlichen Orientierung bezüglich der ontologischen Probleme und Methoden. Der zweite und ausführlichere führt das genuin ontologische Arbeiten am Themenkomplex Quantifikation, Existenz und Referenz vor. Dabei wird auch der Zusammenhang der Ontologie mit der Logik und der Sprachphilosophie deutlich.

Vorlesung und Proseminar sind aufeinander abgestimmt. Im Seminar werden die Teilnehmer gebeten, Detailfragen aus der Vorlesung zu bearbeiten. Zur Vorbereitung wird empfohlen, im Skriptum „Denkwerkzeuge“ die Absätze über die Quantoren und das Identitätsprädikat wiederholend zu bearbeiten und die Ausführungen über die Anzahlquatoren zur Kenntnis zu nehmen. Wer sich vorab in die Ontologie einführen möchte, kann die folgenden Werke mit Gewinn zur Kenntnis nehmen: Berto, F/Plebani, M.: Ontology and Metaontology; London & New York 2015; Rapp, C.: Metaphysik. Eine Einführung; München 2016.