Bis heute greifen Autoren unterschiedlicher couleur auf in der Romantik entworfene vielfältige literarische Ausdrucksmöglichkeiten und die Doppelbödigkeit von Traumwelten zurück. Um diese Rückgriffe wahrzunehmen und entsprechend würdigen zu können, wollen wir uns der als Gegenentwurf in Auseinandersetzung mit aufklärerischen Konzepten entstandenen Romantik und den damit verbundenen kulturellen Umorientierungen in den slawischen Literaturen zuwenden. Schon in N. Karamzins „Insel Bornholm“ schrecken des nachts von den Wänden fallende Harnische und Rüstungen im Traum den auf dem Rückweg von England nach Russland in einem alten Schloss gestrandeten Reisenden. Und selbst noch in S. Wyspiańskis neoromantischer „Hochzeit“ steigen legendäre Wesen von der Wand, um auf beunruhigende Weise in reales Geschehen einzugreifen. Gespenstische Orte, ruhelose Tote, versunkene Schätze, Räuber, Hexen und Zauberspuk lassen die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmen und erregen die Phantasie der Leser. Auch wir wollen diesen Gestaltungen ästhetisches Vergnügen abgewinnen. Darüber hinaus jedoch sollen diese ungewöhnlichen Traumwelten auf individuelle und gesellschaftliche Erfahrungen hin abgeklopft werden, die ihre Autoren und Leser dazu bewegten, in einer chaotisch anmutenden Wirklichkeit, die jegliche Sicherheiten in Frage stellte, nach künstlerischen und geistigen Auswegen sowie ahnungsvollen Vorzeichen von Kommendem zu suchen.

Deutsche Übersetzungen der zu besprechenden Texte erleichtern auch Nichtslawisten die Lektüre. Dies trägt möglicherweise dazu bei, Wissen zu bündeln, und bisher weniger beachtete slawisch-westeuropäische Wechselseitigkeiten in ihrer Einzigartigkeit zu erkennen und zu erfahren.