Die Amtseinführung Putins im Andreassaal des Kremls, von russischen und westeuropäischen Medien mit einer Zarenkrönung verglichen, bei der ein enger Hofstaat und einige handverlesene Prominente dem „Ein-Mann Netzwerk“ (Fiona Hill) huldigten, war eine nicht nur aus symbolpolitischer Sicht überaus bildreiche Veranstaltung. Doch der erste Eindruck von Zuschauern in aller Welt, einem anachronistischen höfischen Zeremoniell beigewohnt zu haben, trügt. Beim genaueren Hinsehen erschließen sich ikonische Differenzen zu Vorgängigem, die auf die zeitgenössische Medienkultur und ihre auf visuelle Imagination bedachten Wirkungen verweisen. Im Seminar sollen Mechanismen der zeitgenössischen russischen Symbolpolitik diskutiert und mit denen anderer Länder verglichen werden. Ein solcher Zugriff soll den Blick schärfen für die spezifischen kulturgeschichtlichen Voraussetzungen von Herrscherlob und Herrscherkritik in Russland, die bis in das 20. und 21. Jh. hinein über Jahrhunderte hinweg in immer neuen kollektiven  Kommunikationszusammenhängen transformiert und modifiziert wurden, wobei sie sich gegenseitig ergänzten, aber auch durchkreuzten.