Während in West- und Mitteleuropa mit Renaissance, Reformation und zunehmender Säkularisierung bereits im 16. Jh. ein literarischer Neuanfang gelang, konnte sich die russische Literatur erst nach den Petrinischen Reformen im 18. Jh. langsam von den Konventionen der mittelalterlichen Traditionen befreien. Erschwerend kam noch das Sprachproblem hinzu (Kirchenslawisch vs. Russisch), welches erst im 19. Jh. endgültig gelöst werden konnte. Das 18. Jh. stellt deshalb eine Art literarisches Laboratorium dar, in dem mit Sprache und Gattungen experimentiert wurde mit dem Ziel, die Grundlagen für eine neuere russische Literatur allererst zu schaffen. Im Seminar wird dieser Prozess anhand ausgewählter Texte exemplarisch nachvollzogen, wobei ein Schwerpunkt auf der Schwelle vom 18. zum 19. Jh. liegen wird. Die Textanalysen dienen einerseits dazu, das Problem der Stilformationen in der russischen Literatur des 18. Jhs. zu diskutieren. Andererseits werden auf diese Weise Werke von Autoren vorgestellt, die für die Evolution der russischen Literatur von eminenter Bedeutung waren, heute aber nicht mehr selbstverständlich im Bewusstsein der Leserschaft verankert sind.
- Dozent/in: Andreas Ohme